Abseits von Büchern: Selbstverteidigung I

Es ist dunkel, es wird kühler und man kann es nicht mehr leugnen: Der Herbst ist da und läutet die dunkleren Tage des Jahres ein.

Screenshot von Annas Tweet – hier geht es direkt dort hin.

Anna von Ink of Books schrieb auf Twitter, dass bitte jede*r ihren Tweet teilen solle, wer sich schonmal unwohl beim Heimweg im Dunkeln gefühlt habe. Als ich die Reaktionen las, die von Schlüsseln zwischen den Fingern und Pfefferspray handelten oder sogar davon handelten, dass die jeweiligen Personen gar nicht mehr nach Einbruch der Dunkelheit rausgehen wollten, war mein erster Gedanke: Dazu schreibst Du was.

Eines vorab: Ich gehöre selbst zu denen, die unsicher sind, wenn es draußen dunkel ist. Ich bin eine von denen, die mit Freunden oder der Familie telefoniert, bis ich sicher in meiner Wohnung angekommen bin. Anfang 2018 habe ich einen Selbstverteidigungskurs gemacht und erlerne seitdem eine Kampfkunst, die speziell auf Selbstverteidigung ausgerichtet ist – Wing Tsun.

Ich kann mit meinen Worten hier keinen Selbstverteidigungskurs ersetzen und kann auch nicht dafür sorgen, dass Ihr in einer potentiell bedrohlichen Situation zu 100% sicher agiert, nur weil Ihr meine Worte zu dem Thema gelesen habt. Aber wenn Ihr Euch auf dem Heimweg vielleicht ein klein wenig sicherer fühlt – oder gar einen Selbstverteidigungskurs besucht und lernt Euch zu verteidigen – dann hat dieser Blogbeitrag sein Ziel erreicht.

Eine kleine Bemerkung noch: Es gibt viele Selbstverteidigungsprinzipien. Wenn man auf YouTube guckt, findet man unzählige Videos. Wichtig ist, dass Ihr für Euch den richtigen Weg findet. Bei mir ist das Wing Tsun, bei Euch kann das Krav Maga oder etwas ganz anderes sein. Das hier ist also keine Werbung für EIN Selbstverteidigungsprinzip, sondern es handelt sich um allgemeine Ratschläge.

Da dieser Beitrag ziemlich lang wird, gibt es ihn in mehreren Teilen 😉

Copyright: Pixabay

10 Tipps

Selbstverteidigung ist ein weites Feld, das von allgemeinen Ratschlägen bis hin zu den Kampfkünsten reicht. Ich selber bin noch ganz am Anfang meiner Reise, aber es gibt allgemeine Tipps, die jede*r beachten sollte. Ich habe eine Liste aus zehn dieser Hinweise gemacht, was nicht heißen soll, dass damit bereits alles gesagt ist.

1 Aufmerksam sein

Das A und O in der Selbstverteidigung ist Eure Aufmerksamkeit.

Ihr geht mit Kopfhörern Musik hörend und ins Handy vertieft zur nächsten Bushaltestelle? Blöd – denn ihr seht und hört nicht, was um Euch herum passiert. Da ist es noch harmlos, „nur“ in einen Hundehaufen zu treten.

Um zu erkennen, ob eine Situation bedrohlich werden könnte, müsst Ihr Eure Sinne auch nutzen. Also: Handy und Kopfhörer weg. Geht aufmerksam durch die Welt. Wer seine Umgebung aufmerksam wahrnimmt, hat auch gleich eine andere Körperhaltung. Potentielle Angreifer achten auf diese „Opfer-Haltung“ und greifen mit geringerer Wahrscheinlichkeit diejenige an, die aufrecht und aufmerksam sind. Die kann man nämlich schlechter überraschen.

2 Bauchgefühl

Nun wird es tricky.

Aus eigener Erfahrung muss ich sagen, dass ich spätestens ab Einbruch der Dunkelheit zu den ängstlicheren Menschen gehöre und mein Bauchgefühl mir permanent meldet, dass ich bitte vorsichtig sein soll.

Davon lässt sich aber ein ungutes Bauchgefühl aufgrund einer potentiellen Bedrohung immer noch gut unterscheiden – auch diese Erfahrung habe ich (leider) gemacht.

Hört auf Euer Bauchgefühl.

Da gibt es diese Ecke, in der es immer dunkel ist und in der sich auch bei Helligkeit merkwürdige Gestalten rotten? Geht einen anderen Weg.

Da ist dieser Typ, der irgendwie permanent hinter Euch herläuft? Geht in den nächsten Dönerladen und redet mit den Besitzer*innen, beobachtet, ob derjenige draußen wartet/vorbei geht.

Es ist spät, die Busse und Bahnen fahren nicht mehr so häufig und Ihr kommt müde und vielleicht auch ein wenig beschwipst aus der Kneipe? Ruft Euch ein Taxi (man kann übrigens auch Taxifahrer*innen bitten!).

Es ist egal, ob andere Euch deshalb als paranoid bezeichnen, Eure Freund*innen sagen, Ihr wärt übervorsichtig oder ängstlich. Es ist EUER Bauchgefühl und wenn Euch das sagt, dass Ihr Euch einer bestimmten Situation besser entziehen solltet, dann macht das. Euer Bauchgefühl ist nichts anderes, als eine Mischung aus jahrtausendealten Instinkten.

Ob es nun komische Gestalten in dunklen Parks sind, merkwürdige Menschen, die hinter Euch herlaufen oder einfach nur Ihr selbst, die Ihr Euch müde und alkoholisiert nicht mehr wirklich verteidigen könntet: Wenn Euer Bauchgefühl „Stopp“ sagt, akzeptiert diese Grenzen.

3 Aufmerksamkeit bekommen, Schutz aufbauen, Abstand gewinnen

… oder anders formuliert: Werdet laut, nehmt die Flossen hoch und im Zweifel die Beine in die Hand!

Auch wenn Ihr noch so aufmerksam und selbstsicher durch die Gegend lauft und auf Euer Bauchgefühl hört, könnt Ihr dennoch in brenzlige Situationen kommen. Gehen wir mal von folgender Situation aus: Eine Frau steht an der Haltestelle, wartet auf den Bus. Ein Mann kommt auf sie zu, ist vielleicht alkoholisiert, kommt immer näher und quatscht sie auf eine Art und Weise an, die ihr so gar nicht behagt.

Was tun?

Wichtig ist, dass Ihr Eure eigenen Grenzen laut und deutlich zieht: STOPP, LASSEN SIE MICH IN RUHE, GEHEN SIE WEG.

Nehmt Euch mal ein paar Sekunden und versucht diesen Satz LAUT vorzulesen. Nicht nur laut, sondern LAUT.

Ist eigenartig, nicht wahr? Man kommt sich schon in den eigenen vier Wänden reichlich blöd dabei vor. Und genau das ist das Problem. Aus einem „STOPP, LASSEN SIE MICH IN RUHE, GEHEN SIE WEG“ wird, wenn es tatsächlich nötig ist, schnell ein „Äh ja… lassen sie mich bitte in Ruhe“. – Wenn überhaupt.

Wichtig ist der Einsatz Eurer Stimme aber deshalb, weil Ihr damit Aufmerksamkeit auf Euch zieht und klar zeigt, wer hier gerade in der Defensive ist.

Gleichzeitig mit diesem klaren und lauten (!) Ziehen Eurer Grenzen solltet Ihr die Hände hochnehmen (ungefähr auf Schulterhöhe und auch schulterbreit halten) und für Abstand sorgen (ein oder zwei Schritte zurück). Eure Hände, die Ihr vor Euch haltet, dienen als eine Art Schutzschild, weil Ihr so schnell reagieren könnt, sollte es z.B. zu einem Schlag des Gegners kommen. Habt Ihr da noch die Hände in den Hosentaschen, habt Ihr keine Chance.

Geht derjenige, der Euch bedrohlich erscheint nicht zurück, d. h. akzeptiert Eure Grenzen nicht, dann nehmt die Beine in die Hand. Flucht ist keine Schande.

Übrigens: Falls Euer Gegenüber „einknickt“, d. h. realisiert, dass Ihr keine einfachen Opfer seid, kann es sein, dass er Euch beschimpft und dann erst abzieht. Egal, ob Euch da „Schlampe“ oder „Arschloch“ oder noch fiesere Begriffe an den Kopf geworfen werden, reagiert nicht drauf. Diese Beschimpfungen sind lediglich die Art und Weise des Gegners, das Gesicht nicht zu verlieren. Wenn Ihr Euch dagegen wert, könnte es gut sein, dass dann – obwohl Ihr die Situation eigentlich entschärft hattet – die Wut des Gegners wieder wächst und er Euch richtig angreift.

Also: Nutzt Eure Stimme, habt die Hände oben und sorgt für Abstand zwischen Euch und dem Gegner.

To be continued…

2 Gedanken zu “Abseits von Büchern: Selbstverteidigung I

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