Rezension: „Faust“ (Flix)

Wer hier schon ein Weilchen mitliest, weiß es schon: Ich bin ein Goethe Fangirl. Würde er noch leben, wäre ich auf Lesungen vermutlich schlimmer drauf als manch ein Teenie zu bester Tokio Hotel Zeit (zu denen ich übrigens nie gezahlt habe, soviel sei verraten). Da es unwahrscheinlich ist, dass vom wohl bekanntesten deutschen Dichter demnächst ein neues neuen und publiziert wird, muss ich mich quasi mit Sekundärliteratur zufrieden geben.

Vor kurzem habe ich Euch von Stefan Bollmanns Buch zu Goethes Lebensweise berichtet – das Buch, das ich Euch heute vorstellen möchte, dehnt den Begriff „Sekundärliteratur“ im Vergleich dazu doch ein wenig: Es handelt sich um die Adaption des berühmten „Faust“ in Comicform.

Vielen Dank an den Carlsen Verlag für das Rezensionsexemplar.

(Foto: Privat)

Inhalt:

Der ein oder andere mag sich noch an die Schulstunden zu „Faust“ erinnern, da es sich hier allerdings in jeglicher Hinsicht um eine Adaption des Werkes handelt, sei die Handlung dennoch kurz umrissen:

Faust lebt in Berlin, hat allerlei studiert und ist folglich Taxifahrer. Mit seinem Kumpel Wagner, der im Rollstuhl sitzt – lebt er in einer WG, zofft sich jedoch oft mit dem Kumpel, zumal dieser nur Augen für seinen Pudel hat. Kurzum, Fausts Leben lässt zu wünschen übrig und er ist sozusagen lediglich pro Forma eines von Gottes Schäfchen. Mephisto – der mit Gott um zwei Kisten Ramazotti gewettet hat – versucht nun, Faust vom rechten Weg abzubringen und ihn so glücklich zu machen, dass er zum „Augenblicke“ die allseits bekannten Worte „verweile doch, du bist so schön“ sagt. Dann wäre Fausts Schicksal besiegelt. Und wann ist so ein frustrierter Langzeitstudent happy? Genau, wenn er die Frau seiner Träume küsst.

Mephisto – kurz Meph genannt – muss nun also dafür sorgen, dass Faust Margarete küssen kann. Leichter gesagt als getan, bedenkt man, dass Margarete in diesem Comic die Tochter türkischer Gastarbeiter ist und eine sehr strenge Mutter und ebenso kritische Cousins und Brüder hat. Den Namen hat sie aber vom Herrn Papa, der auf Margarete Schreinemakers stand.

Mein Eindruck:

Eines vorab: Ich bin kein Comic-Profi. Ich kann Euch also nichts über die Qualität von Zeichenstilen sagen, oder mit irgendwelchen Fachbegriffen aus der Comicszene glänzen. Meine Kenntnisse sind maximal rudimentär vorhanden. Der Rest kommt aber vielleicht mit der Zeit, denn dieser Comic macht definitiv Lust auf mehr!

„Mensch ist das abgefahren!“ – Das war mein erster Ausruf nach den ersten drei Seiten und dieser Eindruck hat sich über den gesamten Comic hinweg gehalten. Flix schafft es, die Essenz des goetheschen „Faust“ in ein multikulturelles Berlin unserer Zeit zu übertragen und es mit Witz und schnellen Pointen zu verbinden.

Besonders Meph und Faust haben es mir angetan – aber das war eigentlich klar. Faust ist, salopp gesagt, ein herrlicher Trottel, der im Leben irgendwie nichts so richtig auf die Reihe kriegt. Sei es nun sein Job oder die Liebe – Faust tapst in jedes Fettnäpfchen obwohl er stets die besten Absichten hat. Von daher ist es schon praktisch, dass der ausgefuchste Meph daherkommt und ihm „hilft“. Dass Meph zwischendurch den heißen Draht zu Gott per Handy nutzt, um ihm die Leviten zu lesen, weil Gott sich in seine Pläne einmischt, macht die Situationen umso absurder und damit lustiger.

Das beste, für einen Goethe-Nerd wie mich, waren jedoch all die kleinen Elemente, die den Comic eine Hommage an den großen Dichter werden lassen: Ob es nun der „Faust“ lesende Mephisto ist, des Pudels Kern oder ein Spaziergang zu Ostern – immer wieder lässt Flix Anspielungen an die Vorlage einfließen, zitiert Abschnitte des Dramas und hält sich auch in der modernen Umgebung und trotz all der Anpassungen an die Vorlage.

Mein Fazit nach der Lektüre ist eindeutig! (Seite 1, Foto: Privat)

Fazit:

Ich sehe mich wieder einmal bestätigt: Goethe geht immer. Auch als Comic – da ist „Faust“ noch abgefahrener als im Original und Flix hat mit seinen Zeichnungen eine rasante und lustige moderne Interpretation geschaffen.

Und ich bin mir sicher, dass so manch einer in der Schule mehr Spaß hätte/gehabt hätte, wenn der Flix’sche Comic neben dem vermeintlich angestaubten Dramentext durchgenommen würde. Goethe hätte die Neuinterpretation vermutlich auch amüsiert.

5 von 5 Sternen.

Mehr zum Buch:*

  • Preis: 14,90 €
  • Gebundene Ausgabe: 96 Seiten
  • Verlag: Carlsen Verlag (17. März 2010)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3551789770
  • ISBN-13: 978-3551789778

 

 

6 Gedanken zu “Rezension: „Faust“ (Flix)

  1. Eigentlich muss man Flix‘ Werke auch einfach lieben, aber bei Lieblingsbüchern ist man gegenüber Adaptionen ja oft sehr kritisch, daher freue ich mich, dass dir die Adaption gefallen hat.

    Und ich gebe dir recht: Würden mehr moderne Versionen der klassischen Stoffe im Unterricht behandelt werden, würden Klassiker für Schüler vermutlich weit attraktiver werden. Oft ist es ja vor allem die Sprache und der fehlende Zugang zu der damaligen Zeit, der einem die Story anstrengend erscheinen lässt – moderne Adaptionen können da zeigen, warum der Stoff noch immer aktuell ist und helfen, die Handlung und die gerade die inneren Kämpfe und gesellschaftlichen Schranken nachvollziehbar zu machen.

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  2. Dein Einstiegssatz ist königlich 😀 Und schön das dir diese Adaption so gefallen hat!

    Wünsche dir noch einen feinen Sonntag!

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  3. Hallo Sarah,

    na wenn Du schwärmst, dann ist es auch was für mich als ebenso Goethe-Fan :). Habs mal auf die Wunschliste getan – ist ja durchaus erschwinglich ;).

    Dein Ansatz für die Schulen ist in der Tat nicht schlecht – so bekäme wirklich so manch eine/r (auch Jungen) tatsächlich Lust auf den Herrn Geheimrat!

    Liebe (lesende) Grüße,
    Simone.

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