Rezension „Zeitlose – Simeons Rückkehr“ (Eva-Maria Obermann)

Es gibt Anfragen von Autoren, die äußerst plump ihr eigenes Werk anpreisen – meist in Form einer Massenmail, ohne vorherige Recherche, ob die jeweilige*n Blogger*innen überhaupt dieses Genre lesen etc. Meist werden dann auch gleich Bedingungen wie „bitte mit 5 Sternen bewerten“ gestellt. Wer auch bloggt, kennt diese Mails, die regelmäßig im elektronischen Briefkasten landen.

Und dann gibt es Mails von Autorinnen wie Eva-Maria Obermann. Sie hatte sich meine Seite genau angesehen und stellte nur eine Bedingung: Falls Du ja sagst, nimm Dir so viel Zeit wie Du magst. Liebe Eva, erst einmal Danke für Dein Buch und Deine Geduld!

(Foto: S. Schückel)

Inhalt:

Dora träumt immer wieder den gleichen Traum – wie sie, als Nancea, ein Straßenmädchen, den Prinzen Simeon trifft und sich ihr Leben märchenhaft wandelt bevor es zum Alptraum zu werden droht. Nach zehn Jahren sind diese Träume plötzlich wieder da und Dora versucht zu verhindern, dass sie wieder ihr ganzes Leben bestimmen. Doch dann begegnet sie Nathan, der Simeon erschreckend ähnlich sieht und plötzlich scheint die Grenze zwischen ihren Träumen und der Realität wieder zu verschwimmen.

„Zeitlose – Simeons Erwachen“ ist der Auftakt zu einer Trilogie.

Mein Eindruck:

Wenn zwei Erzählebenen sich überschneiden – zeitlich oder, wie in diesem Fall, dadurch, dass Traumwelt und Realität sich vermischen – entsteht bei mir oftmals der Eindruck, dass die Geschichte entweder zu viele Längen hat (weil sich bestimmte Sequenzen überschneiden), oder der Lesefluss durch abrupte Szenenwechsel gestört wird. Doch genau diese Gratwanderung zwischen Spannung und Szenenwechseln gelingt Eva-Maria Obermann auf eine Weise, dass ich das Buch selbst am Ende eines Kapitels nicht weglegen mochte. Außerdem schreibt sie ihre Figuren so sympathisch, dass man das Gefühl hat, man könne sich mit Dora und ihren Freunden auch gerne mal auf einen Kaffee treffen. Dass sich Dora als Teilzeit-Studentin mit Literatur befasst hilft natürlich auch – Büchermenschen in Büchern finde ich immer gut. Die Konstellation, dass Dora neben dem Beruf studiert wirkt dabei sehr realistisch, nicht zuletzt auch deshalb, weil die aktuell promovierende Autorin weiß, wovon sie spricht, wenn sie den Universitätsbetrieb beschreibt.

Wir alle kennen doch diese beinahe erschreckend realistischen Träume, bei denen man sich entweder wünscht, man wäre sofort aufgewacht – oder man könne für immer in dieser Traumwelt bleiben. Genau so stelle ich mir Doras Träume vor. Diese sind zunächst sehr rätselhaft und an mancher Stelle habe ich mir den ein oder anderen Rückblick gewünscht, aus dem hervorgeht, wie die Träume vor zehn Jahren ihr Leben beeinflusst haben. Vermutlich hätte das aber auch einen gehörigen Teil der Spannung aus der Geschichte genommen, denn diese lebt geradezu von den Fragen, die man als Leser hat. Gerade die Nachwirkungen der Traumsequenzen auf Dora fand ich sehr gut gestaltet.

Straßenmädchen trifft Prinz, Prinz verliebt sich, macht Straßenmädchen zur Prinzessin – die Befürchtung liegt nahe, dass man den Plot von Doras Träumen auf diese einfache Abfolge herunterbrechen könnte. Ohne zu spoilern kann ich jedoch sagen, dass Eva-Maria Obermann die Grundidee des Aschenputtel-Märchens gehörig aufmischt und das Straßenmädchen Nancea aus den Fängen allerlei Klischees herausholt. Nancea und Dora sind beides starke Frauen, die definitiv keinen Prinzen benötigen, der sie rettet. Wer das Klischee der Jungfrau in Nöten sucht, wird hier nicht fündig – was mich beim Lesen innerlich immer wieder jubilieren ließ. Ich möchte sogar soweit gehen und sagen, dass Dora und Nancea es locker mit America aus Kiera Cass‘ „Selection“-Buchreihe aufnehmen können.

Manchmal hatte ich aber auch den Eindruck, dass eben diese Stärke der Charaktere eine kleine Schwäche in der Geschichte offenbaren: Immer, wenn Dora und/oder Nancea besonders stark waren, wenn sie sich anderen gegenüber behaupten mussten oder es zu – ich formuliere es mal spoilerfrei – handfesten Auseinandersetzungen kam, ging es mir in der Handlung etwas zu schnell. Das fühlte sich beim Lesen dann so an, als würde die Autorin mehr als nur zwei Schritte vorangehen wollen und ich als Leserin bekam dabei stellenweise eine Art gedankliches Schleudertrauma. Das hat den Lesespaß nur bedingt beeinträchtigt – dafür waren die Figuren, die Idee dahinter und die Schreibweise generell zu gut – aber es war spürbar.

Fazit:

Wer, wie ich, rätselhafte Traumwelten mag und gerne mal abseits der Märchen-Klischees starke Frauenfiguren auf ihrem Weg durchs Leben – und auch ins Liebesglück – begleiten möchte, hat mit „Zeitlose – Simeons Rückkehr“ mit Sicherheit viel Lesespaß! Kleinere Schwächen im Plot bzw. der Gestaltung mancher Szenen merkt man durch den verliebenen Lesespaß kaum und ich bin bereits gespannt auf den zweiten Teil der Trilogie, der in diesem Frühjahr erscheinen wird.

In Sternen ausgedrückt fällt es mir diesesmal nicht leicht – ich bin „gefühlt“ bei 3,5 Sternen, gebe aber 4, da ich die nächsten Bücher auch lesen werde (was ich bei 3-Sterne-Bewertungen nicht vorhabe). Also:

4 von 5 Sternen.

Mehr zum Buch:*

Weitere Eindrücke von Bloggerkolleg*innen findet Ihr hier:

Buchstabenträumerei | BlueSiren

 

  • Preis: 9,90€ / als Kindle-E-Book 4,99€
  • Taschenbuch: 340 Seiten
  • Verlag: Schwarzer Drachen; Auflage: 1 (10. März 2017)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 394044331X
  • ISBN-13: 978-3940443311
  • Mehr von der Autorin könnt Ihr hier auf ihrem Blog lesen: http://schreibtrieb.com/

 

4 Gedanken zu “Rezension „Zeitlose – Simeons Rückkehr“ (Eva-Maria Obermann)

  1. Pingback: [Rezension] Zeitlose – Simeons Rückkehr von Eva-Maria Obermann – Babsi taucht ab

  2. Wie schön das dir die Geschichte trotz weniger Schwächen gefiel – so ging es mir auch (= Jaha, ich habe das Buch gelesen und zwar gerne *lach
    Eine schöne Rezension die gekonnt vom Buch schwärmt und die Kritikpunkte das Lesen-Wollen nicht hemmen.

    Hab ein feines Wochenende!

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  3. Pingback: Ein „zeitlose(s)“ Interview mit Eva-Maria Obermann | Studierenichtdeinleben

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